Zuletzt aktualisiert am 1. September 2022 um 6:10
Urlaub in Brighton? Unbedingt! Nicht mal eine Stunde südlich von London liegt die Küstenstadt. Sie gilt als hip, entspannt und ungeheuer kreativ, selbst die Sehenswürdigkeiten in Brighton haben das gewisse Etwas. Kunst ist hier allgegenwärtig, ohne aufdringlich zu sein. Und: Sie wirkt! (Auf Einladung*)
Brighton Sehenswürdigkeiten: Im Urlaub umgeben von Kunst
Auf dem Platz vor der Bibliothek steht ein mannshoher Quader. „Before I die …“ prangt in großen Lettern weiß auf schwarz an allen vier Wänden. Darunter haben Passanten mit Kreide ihre Träume festgehalten. Lang gehegte, immer wieder verschobene, abstrakte und konkrete – die Dinge, die sie unbedingt erleben wollen, bevor sie sterben. „Before I die I want to …“, fängt jede Zeile an, „travel to China“, steht dahinter zum Beispiel oder „apologise to my sister“. „Embrace every happy moment“ hat jemand zwischen zwei Beiträge gequetscht, jemand anderes einfach nur „live“. Es rührt mich, die Herzenswünsche fremder Menschen zu lesen.
Ich bin mit einem Freund in Brighton und der Quader am Jubilee Square ist Kunst. Die Installation von Candy Chang, die wir bei unserem ersten Stadtbummel entdecken, ist ein Überbleibsel des SICK-Festivals, das wir knapp verpasst haben. Festivals gibt es in Brighton viele, die Küstenstadt im Süden Englands ist berühmt für ihre stetig wachsende kreative Szene. Kunst wird uns auf ihren Straßen noch öfter begegnen. Doch erst einmal zieht es uns ans Meer.
Am Strand in Brighton: Vom West Pier zum Brighton Pier
Das ist im Sonnenlicht erstaunlich türkis und der Strandsand von Weitem erstaunlich hell. Moment, Sand? Nein. Am Strand von Brighton liegen Steine, teils faustgroße graue und blassgelbe Steine. Am Ufer schiebt das Wasser sie mit viel Getöse vor und zurück, bei jedem Schritt knirschen sie unter unseren Schuhen.
Im Meer, vielleicht 200 Meter von hier, steht noch ein Kunstwerk. Nur dass es keines ist. Wir blicken auf den West Pier, vielmehr auf das, was von ihm übrigblieb.
1866 erbaut, war die Seebrücke in ihren ersten Jahrzehnten ein Magnet für betuchte Touristen. Einen Pavillon gab es hier und einen pompösen Konzertsaal. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der West Pier von Brighton an Popularität, sein Erhalt wurde zu teuer, er verfiel nach und nach.
Schon längst hätte er restauriert werden sollen. Bis zuletzt gab es Pläne, die Sehenswürdigkeit in Brighton wieder in Betrieb zu nehmen. Eigentlich.
Jahrzehntelang passierte nichts, bis die Brücke nach einer Sturmflut 2002 zusammenbrach und zwei Brände sie im Jahr darauf vollständig zerstörten. Seitdem steht nur noch ein rostiges Metallgerippe im Meer. Wellen umspülen die zerbrochenen Streben.
Highlight der Stadt: Der Brighton Pier ist ein Vergnügungspark
Zerstreuung gibt es nebenan, auf dem Brighton Pier – der erhaltenen Seebrücke, die zu unserer Linken in den Atlantik ragt. Wir nähern uns ihr über die Strandpromenade, laufen an schnieken Seafood-Restaurants, Eis-Ständen und „Fish and Chips“-Buden vorbei. Kein Wunder, dass auch so viele Einheimische ihren Urlaub in Brighton verbringen. Jetzt, Ende März, hat die Sonne schon Kraft, aber wärmer als 15 Grad wird es nicht. Das ist vielen hier Sommer genug: Verkäufer stehen in T-Shirts vor ihren Läden, Pärchen kommen uns in dünnen Kleidern, kurzen Hosen und Flip-Flops entgegen.
Der Brighton Pier – eigentlich heißt er richtig Brighton Palace Pier – ist ein Vergnügungspark mit einer Spielhalle, Zuckerwattebuden und Fahrgeschäften. „Party-Alarm!“, ruft eine Stimme vom Band, wann immer sich eines der Karussells auf der Plattform am Ende des Stegs in Bewegung setzt. Danach wehen Fetzen von Tina Turners „Simply the best“ zu uns herüber.
Simply the best finde ich die blau-weiß-gestreiften Liegestühle, die gestapelt in der Mitte der Brücke zur kostenfreien Nutzung für Besucher bereitstehen. In einem von ihnen lehne ich mich zurück, schließe die Augen und spüre die Sonnenwärme auf den Lidern. Ich kann die Möwen hören, die von den Laternen links und rechts von uns herunterschreien. Und die Fragen, die in mir immer lauter werden.
„Was hätte ich überhaupt an diesen Quader geschrieben? Was will ich eigentlich in diesem Leben, was muss ich noch sehen, was noch fühlen, was ganz unbedingt fertigbringen?“
Brighton Sehenswürdigkeiten: Unterwegs in North Laine
Später schlendern wir durch North Laine, Brightons alternatives Viertel. So bunt sind sonst nur die Strandhütten in der eingemeindeten Stadt Hove: In Knallfarben stehen sie dort in Reih und Glied auf dem Asphalt und heben sich von den mondänen beigefarbenen Hausfassaden hinter ihnen ab.
In North Laine säumen kleine Shops mit detailverliebter Deko die Straßen: ein Gitarrengeschäft mit aufgespraytem Jimmy Hendrix, ein Fahrradladen mit Retro-Drahtesel überm Eingang, ein Comedy-Theater, auf dessen Vordach ein Plastik-Pin-Up-Girl einen Schuh vom rot-weiß-bestrumpften Bein schleudert. Zwischen Platten-, Buch- und Vintage-Läden finden sich etliche Pubs und Restaurants mit internationaler Küche, vorzugsweise vegetarisch.
Was es in diesem Teil von Brighton außerdem gibt? Esoterikgeschäfte. „Psychic Readings“ wirbt ein Aufsteller vor einem dieser Läden. Fast gebe ich meiner Neugier nach, mir von einem Medium die Zukunft vorhersehen zu lassen. Und dann beschließe ich, meine Antworten doch lieber selbst zu finden.
Wir biegen ab in die Kensington Street, wo Grafitti die Rückseiten mehrerer Wohnhäuser schmücken. Streetart kann man in Brighton fast überall entdecken. Unweit von hier, in der Nähe des Bahnhofs von Brighton, hat auch Banksy sich verewigt und damit die Anzahl der Sehenswürdigkeiten in Brighton erhöht: 2004 brachte er seine „Kissing Coppers“ an die Wand des Prince Albert Pubs. Gesprayte Porträts bedeutsamer Musiker, von Elvis über Bob Marley bis Amy Winehouse, umgeben die sich küssenden Polizisten an ihrem unscheinbaren Platz ganz unten neben einer Mülltonne. Vor einigen Jahren wurde das Kunstwerk durch ein Replikat ersetzt und mit einer Plexiglasscheibe versehen. Das Original hat jemand bei einer Aktion in Miami ersteigert – für 575.000 Dollar. Und mit ein paar Ausbesserungen des Pub-Personals, wie ich später lese: Das legte beherzt Hand an, nachdem das Graffito beschädigt worden war.
Schlendern durch The Lanes
An unserem letzten Tag laufen wir durch The Lanes – kleine Gassen in der Innenstadt von Brighton, in denen sich Schmuckläden, Boutiquen, Galerien, Teestuben und Pubs aneinanderreihen. In einem der kleinen Geschäfte gibt es nichts als Fudge, die typisch englische Karamellspezialität. Wir nehmen ein paar Riegel in den Sorten Weiße Schokolade, Erdnussbutter und Nougat mit.
Am Jubilee Square wird der Quader mit den Herzenswünschen gerade abgebaut, als wir vorübergehen. Zu spät, denke ich.
Noch einmal sitzen wir in Liegestühlen auf dem Brighton Pier und schauen aufs Meer. Quietschsüß sind die Fudge-Riegel, wir haben schon nach jeweils einem Bissen genug. In der Ferne steht das Metallskelett des West Piers wie ein Mahnmal für einen nicht erfüllten Traum.
Bevor ich sterbe, möchte ich echte Liebe finden. Mehr reisen, mehr schreiben, vielleicht ein Buch irgendwann. Und noch viel, viel öfter ans Meer fahren.
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Brighton: Weitere Infos und Tipps für deinen Besuch
Eher als Geschichte denn als Reisebericht angelegt, bietet der obige Text nur begrenzt Platz für Hintergrundinfos über die englische Küstenstadt Brighton. Das hole ich in diesem Teil nach.
Lage und Anfahrt
- Lage: Brighton liegt an Englands Südküste in der Grafschaft East Sussex. Von London trennen die Stadt etwa 76 Kilometer.
- Anfahrt: Du kannst Brighton bequem von London aus erreichen. Unter anderem von der Victoria Station fahren täglich mehrere Züge in die Küstenstadt, die meisten brauchen für die Strecke weniger als eine Stunde. Möglich ist die Anfahrt nach Brighton aber auch mit einem Bus von National Express. Die Busfahrt ist günstiger, dauert aber auch um die 2,5 Stunden. Mehr Infos zur Anreise dazu gibt es auf rome2rio.com.
Einwohner von Brighton
Eigentlich ist Brighton nur ein Teil von Brighton and Hove. Die beiden Städte Brighton und Hove werden seit 1997 gemeinsam verwaltet, im Jahr 2001 wurde ihnen gemeinsam offiziell der „City Status“ zugesprochen. Viele Menschen, auch in England, betrachten Brighton und Hove immer noch als voneinander unabhängige Städte. 290.395 Einwohner hat Brighton und Hove laut Wikipedia derzeit. Als Wohnort ist sie besonders für Kreative und Künstler:innen attraktiv. Sie gilt wegen ihrer großen LGBT-Community außerdem als „unofficial gay capital of the UK“. Viele ihrer Einwohner sind außerdem Studierende. An der University of Brighton sind mehr als 21.000 Personen eingeschrieben.
Weitere Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt und am Strand
Die meisten Sehenswürdigkeiten in Brighton befinden sich, wie im Text erwähnt, am Strand und im Zentrum. Man kann sie gut zu Fuß ablaufen, vom Strand in die Innenstadt ist es nicht allzu weit. Ein paar bekannte Highlights von Brighton und Umgebung sind bisher unerwähnt geblieben. Unter anderem diese:
- Royal Pavilion Man kann ihn in Brighton nicht übersehen, denn er passt eigentlich überhaupt nicht in seine südenglische Umgebung. Das Bauwerk gehört optisch nach Indien, es ähnelt nämlich vielmehr einem Mogulpalast statt einem englischen Schloss. Gebaut wurde er von 1815 bis 1822 auf Geheiß des etwas exzentrischen Königs George IV, der damals noch Prince of Wales war.
- British Airways i360 Ein 173 Meter hoher Aussichtsturm (Die Aussicht kann man auf 138 Metern genießen) am Strand von Brighton. Von den Einwohnern wird er auch „The Brighton Donut“ genannt. Der Spitzname geht zurück auf die verglaste donutförmige Außenkanzel, die an seinem superschlanken Turm auf- und abfährt. Um Tickets kümmert man sich am besten vorher online.
- Brighton Dome Das ist das Konzerthaus, in dem ABBA 1974 den Grand Prix gewannen. Auch der Brighton Dome wurde für den damaligen Prince of Wales und späteren König George IV nach indo-islamischem Architekturvorbild gebaut. Er beherbergte ursprünglich Pferdeställe, eine Reitschule und eine Getreidekammer. Um 1860 baute man ihn zum Konzertsaal um. Es lohnt sich, vor der Reise anstehende Ereignisse in Brighton vor seinem zu checken, vielleicht ist eine tolle Veranstaltung im Brighton Dome dabei. Mehr dazu weiter unten.
- Seven Sisters So heißen die wunderschönen Kreidefelsen an der Küste zum Ärmelkanal zwischen Seaford und Eastbourne, sie liegen etwas mehr als 30 Kilometer von Brighton entfernt. Leider war ich selbst nicht da, aber den Fotos und anderen Berichten nach zu urteilen lohnt sich ein Ausflug von Brighton unbedingt!
Auf vielen Fotos der Küstenstadt ist auch noch das Riesenrad von Brighton zu sehen. Es stand dort, wo heute der British Airways i360 steht und, richtig, ist heute nicht mehr in Betrieb. Seit es im Mai 2016 von der Promenade verschwand, haben viele Einheimische und Urlauber das Brighton-Riesenrad schmerzlich vermisst.
Ausführlichere Infos über Sehenswürdigkeiten, jede Menge Tipps und tolle Fotos gibt es auch bei wetraveltheworld.de und bei travellersarchive.de. Wer sich näher für Streetart in Brighton interessiert, dem sei dieser Beitrag von ze.tt empfohlen.
Anstehende Ereignisse in Brighton
Mittlerweile dürfte deutlich geworden sein: Brighton hat kulturell enorm viel zu bieten, ein Festival jagt das nächste, ständig gibt es Kunst- und Musikveranstaltungen. Eine gute Übersicht über aktuelle und kommende Events hat „Visit Brighton“, das offizielle Tourismusportal der Stadt hier. Wer über die anstehenden Konzerte und Stücke im Brighton Dome Bescheid wissen will, kann sich auf der Website des Veranstaltungsortes informieren.
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*Offenlegung: Ich wurde von Visit Brighton nach Brighton eingeladen.
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Ein traumhaft schöner Artikel!
Danke sehr, liebe Corinna!
Super schön geschrieben Susanne, und ich hätte jetzt wirklich Lust auf einen kleinen Ausflug nach Brighton. :)
Danke, Inka, freut mich! Und ich würde mal behaupten, das könnte Dir da durchaus gefallen!