Zuletzt aktualisiert am 10. September 2023 um 20:02
Wann fahren wir ab? Wann geht es endlich weiter? Während meiner Nepal-Reise muss ich mich ziemlich oft gedulden, vor allem im Bus von Kathmandu nach Pokhara und zurück. Doch am Ende steht die Frage: Verlieren wir wirklich immer Zeit, während wir warten? Eine Geschichte. Dazu: Aktuelle Tipps und Infos rund ums Busfahren in Nepal, von Abfahrtsort bis Ticketpreise.
Busfahren in Nepal: Eine Geschichte
Allmählich wird’s hier drinnen unerträglich. Ishan und ich haben uns auf das Podest ganz vorn neben dem Fahrer gequetscht, ich kann mich kaum rühren, die Hose klebt, das T-Shirt auch, immerhin: Wir sitzen.
Die Mittagssonne knallt auf Dumre, diesen kleinen Ort mitten in Nepal, in dem wir vor gut einer halben Stunde in den Bus nach Bandipur umgestiegen sind. Bandipur, das ist die Dorfschönheit in den Bergen, die aussieht, als sei die Zeit stehen geblieben. Streng genommen ist Bandipur eine Stadt, 2014 hat man hier mehrere Dörfer zusammengefasst. Das Zentrum prägen gut erhaltene Häuser im Newari-Baustil und Fassaden, an denen Blüten in rot und lila ranken.
Acht Kilometer trennen uns noch von unserem Ziel. Wer weiß, wie viele Stunden von der Weiterfahrt. Uns gegenüber sitzt eine Frau mit ihrem Kind, beiden steht der Schweiß auf der Stirn. Sie naschen zerlaufene Schokoriegel, die Mutter wirft das Papier aus dem Fenster. Ich schaue ihm auf dem Asphalt hinterher.
„Hi!“
Plötzlich sitzt da auch ein Junge und sieht mich mit wachen Augen an.
„What’s your name?“
„My name ist Susanne.“
„It’s a good name! Where are you from?“
„I’m from Germany.“
„It’s a good country! Bye!“
Der Junge, er ist vielleicht zehn Jahre alt, drängelt sich an seinen Platz zurück, dann rumpelt der Bus endlich los. Ich bin gerührt. Ishan muss lachen. In der kommenden Woche beginnen viele unserer Sätze mit „It’s a good …“.
Am Tag darauf sitzen wir auf der Terrasse eines Restaurants in Pokhara, Nepals zweitgrößter Stadt. Wir wollen Dal Bhat essen, das Nationalgericht aus Reis mit Linsen, Curry und Gemüse, das mir noch lange nicht über ist.
Kaum haben wir bestellt, nehmen zwei Sadhus Kurs auf unseren Tisch. Sie tragen Bärte und Turbane, einer hält einen Klingelbeutel, der andere stützt sich auf einen Wanderstock. Minutenlang reden sie auf Ishan ein, in einer wilden Mischung aus Hindi und Nepali, wie er mir später erzählt. Dass er ein gütiger, großzügiger Mensch ist, machen sie meinem nepalesischen Freund wortreich klar. Und wenden sich plötzlich auf Englisch an mich: „You’re a lucky man“, sagt der Sadhu mit dem Stock und schaut ernst. Der andere nickt.
Gut. Abgesehen davon, dass ich kein Mann bin, weiß ich, was die beiden letztlich wollen: Geld. Doch sofort macht sich auch Dankbarkeit in mir breit. Dankbarkeit für diesen skurrilen Moment, der mich mit Ishan verbindet, und den ich erlebe, während ich eigentlich auf etwas anderes warte.
Bus von Kathmandu nach Pokhara: Wie lange?
Auf meiner Reise nach Nepal wird es mir noch öfter so gehen. Man wartet eben häufig. Man wartet vor allem im Straßenverkehr, im Stau auf den staubigen Straßen der Hauptstadt und beim Versuch, über Land von einem Ort zum anderen zu gelangen.
„Wie weit ist es bis ins nächste Dorf?“
„Nicht weit. Bis zum Abend bist du da.“
Das steht, vollkommen unironisch, in dem Nepali-Wörterbuch, das ich mir im „Pilgrims Book House“, Kathmandus berühmter Buchhandlung, gekauft habe. Wer einmal mit dem Bus von Kathmandu nach Pokhara gefahren ist, wundert sich darüber nicht: 200 Kilometer beträgt die Entfernung. Sieben Stunden, mit Essenspausen, die Fahrzeit.
Wenn man gut durchkommt. Auf der Rückfahrt brauchen wir neun Stunden für die Strecke. Die einzige Straße, die die beiden Orte verbindet, ist holprig und schmal und umso voller, je näher wir Kathmandu kommen. Schließlich können nicht mehr beide Spuren gleichzeitig in Bewegung sein, eine Seite muss immer warten.
Ishan ist neben mir eingeschlafen. Ich beobachte die Menschen auf den Rollern, in den LKWs und Autos auf der Gegenspur, als unser Bus sich träge in die Hauptstadt schiebt. Sie halten die Füße aus dem Fenster, sie lesen, sie telefonieren, sie starren Löcher in die Luft, sie diskutieren.
Mir fallen die Worte ein, die ich kürzlich über das Warten gelesen habe: Wir verlieren dabei keine Zeit, wir gewinnen welche. Der reinste Hohn für alle, die hier tagtäglich festhängen. Und doch: Oft genug lohnt ein anderer Blickwinkel. Warten kann Raum schenken für Unvorhergesehenes und Begegnungen, für Gedanken und Gespräche. Warten kann Innehalten sein. Durchatmen. Neusortieren. Das gilt im Kleinen wie im Großen: Wer auf die Liebe wartet, auf einen anderen Menschen, gewinnt wertvolle Zeit mit sich selbst. Ich kenne mich da aus, ich habe selber viel gewartet, oft genug vergeblich. Nicht dieses Mal, denke ich, und nehme Ishans Hand. Die Sadhus – und ging es ihnen auch nur um ihre Spende – hatten recht.
Zwei Monate später und weit weg von Nepal beginnt meine nächste Lektion in Geduld.
In das Dach der Röntgenabteilung im Klinikum Dortmund ist eine Scheibe eingefasst. Unablässig ziehen Wolken darüber hinweg. Man hat mich von Station B 43 im Krankenbett hierher geschoben. Es ist frisch auf den Fluren, ich habe mir die Bettdecke bis unters Kinn gezogen. Eine lange geplante Operation hat mich hierher geführt, ich habe sie vor einigen Tagen hinter mich gebracht. Sie werden prüfen, ob die Schrauben in meinem Körper richtig sitzen. Ob die Knochen, die sie zusammenhalten, verheilen. Einige Male zieht das kleine Stückchen Himmel über mir zu und klart gleich wieder auf, bis jemand meinen Namen ruft.
In Pokhara sind wir jeden Morgen auf die Dachterrasse unseres Hotels gestiegen, um den Himalaya zu sehen. Nur selten gaben die Wolken den Blick auf den Machapuchare frei. Irgendwann, habe ich mir damals gewünscht, möchte ich die Berge aus der Nähe sehen. Ein Stück an Ishans Seite durch diese Landschaft wandern.
Viel Zeit wird bis dahin vergehen: Sechs Wochen lang darf ich nicht sitzen, viele Monate werde ich an Krücken laufen. Wann ich Ishan wiedersehe? Das weiß ich im Augenblick nicht.
Manchmal ist Warten Verwerfen. Und manchmal ist es Vergewissern.
***
Bus von Kathmandu nach Pokhara: Alle Infos und Preise
Inzwischen bin ich häufiger in Nepal Bus gefahren, mehrfach von Kathmandu nach Pokhara, aber auch zum Chitwan Nationalpark und nach Lumbini, Buddhas Geburtsort.
Warum du den Tourist Bus nehmen solltest
Alle touristischen Knotenpunkte sind von Kathmandu aus auch mit dem Flugzeug erreichbar. Ein Flug von Kathmandu nach Pokhara dauert nur eine halbe Stunde und ist der Erfahrung meines Freundes nach (ich selbst bin die Strecke nie geflogen) im Vergleich zur stundenlangen Busfahrt natürlich unkompliziert und angenehm. Trotzdem empfehle ich den Bus – zum einen der Umwelt zuliebe, zum anderen bekommt man nur vom Busfenster aus Nepals fantastische Landschaften zu sehen: Grüne Hügel, an denen sich ein Fluss entlangschlängelt, hier und da ein Wasserfall und die Gipfel des Himalayas dahinter. Das entschädigt für die langwierige, holprige Fahrt.
Am meisten empfiehlt sich ein Tourist Bus, den auch viele Einheimische den „local buses“ vorziehen. „Local buses“ sind meist klein, überfüllt, unbequem und dazu auch noch unsicher. Und wer noch Ausflüge in kleinere Ortschaften plant, etwa von Pokhara nach Marpha oder nach Bandipur, wird die local buses ohnehin noch zur Genüge erleben: Da es kaum direkte Verbindungen gibt, muss man nämlich gleich mehrere „local buses“ nehmen. Auf dem Foto ganz oben siehst du übrigens den „local bus“, mit dem wir von Dumre nach Bandipur fuhren.
Mit dem Auto oder Taxi von Kathmandu nach Pokhara – geht das?
Ja, schon. Wobei: Mit einem richtigen Taxi von Kathmandu nach Pokhara zu fahren, ist keine so gute Idee. Die Autos sind meist ältere Maruti Suzukis oder Hyundais, die klein und unbequem sind und sich daher höchstens für den stockenden Stadtverkehr eignen. Man kann jedoch ein gutes Fahrzeug samt Fahrer mieten, der einen vom Hotel abholt und direkt an der Unterkunft am Zielort absetzt. Meinen Eltern zuliebe, die mich in Nepal besucht haben, habe ich einmal so einen Transfer für 200 Dollar (ca. 180 Euro) von Kathmandu nach Sauraha in Chitwan gebucht. Fazit: Einmal und nie wieder. Zwar sitzt man bequemer und ist wesentlich schneller am Ziel, aber noch nie hatte ich auf einer Reise so viel Angst wie auf dem Beifahrersitz dieses Fahrzeugs. Das lag nicht unbedingt an unserem Fahrer, der zwar schnell, aber dennoch weitsichtig fuhr, es lag vor allem an der irrsinnigen Fahrweise vieler anderer Verkehrsteilnehmer auf dieser schmalen, kurvigen Straße. Mit Vorliebe springen sie von Lücke zu Lücke und scheren in letzter Sekunde ein und aus. Spar dir das Geld und den Stress.
Wo gibt es Tickets?
Frag mal in deinem Hotel nach, das Personal hilft in der Regel gern mit dem Ticket für den Bus. Meiner Erfahrung nach klappt das Buchen auf diesem Wege gut und die Fahrkarten sind auch nicht teurer als anderswo. Du kannst dein Busticket auch online buchen (zum Beispiel hier) oder ein Reisebüro aufsuchen.
Wie teuer ist das Ticket?
Es gibt wie gesagt „Tourist Buses“ mit unterschiedlicher Ausstattung (also zum Beispiel mit oder ohne Klimaanlage; mit oder ohne Toilette an Bord). Der günstigste Fahrpreis für die Strecke von Kathmandu nach Pokhara beträgt derzeit 700 Rs, umgerechnet etwa 5,60 Euro. Am teuersten ist die Fahrt mit einem Greenline-Bus, hier kostet das Ticket umgerechnet um die 20 Euro. Diese Busse haben eine sehr gute Klimaanlage und Internet an Bord. Außerdem ist das Essen an einer Raststätte auf der Strecke (an einer solchen halten alle Busse) schon im Fahrpreis inkludiert. Aus meiner Sicht reicht aber ein „normaler“ Tourist Bus völlig aus. Von Kathmandu nach Chitwan habe ich beim letzten Mal übrigens 900 Rs bezahlt, nach Lumbini ebenfalls 900 Rs, obwohl die Strecke länger ist.
Wann und wo fährt der Bus nach Pokhara ab?
Der Busbahnhof, von dem die Touristenbusse abfahren (allein nach Pokhara sind es täglich rund 22!), wurde nach Sorhakhutte verlegt. Der „Sorhakhutte Tourist Bus Park“ liegt etwa zehn Gehminuten vom Touristenviertel Thamel entfernt. Alle Touristenbusse fahren von dort um 7 Uhr ab, Reisende sollen sich aber schon gegen 6.30 Uhr dort einfinden. Ich halte das auch für sinnvoll, selbst wenn sich schlussendlich die Abfahrt doch verzögert. In Sorhakhutte reihen sich unglaublich viele Busse aneinander. Den richtigen zu finden, kostet unter Umständen etwas Zeit.
Eventuell sind auch andere Zustiege möglich: Der Bus nach Lumbini beispielsweise fährt am Gongabu Bus Park ab und hält auch in Kalanki. Sollte eine andere Haltestelle für dich besser sein, halte Rücksprache mit dem Busunternehmen.
In Pokhara fahren die Busse nach Kathmandu in der Regel ebenfalls um 7 Uhr an einer Haltestelle in der Lakeside Road ab.
Du willst mit dem Local Bus Kathmandu und Umgebung erkunden?
Leider bin ich bisher nicht sehr oft in Kathmandu und Umgebung Bus gefahren, da ich zu Fuß zur Arbeit laufe und sonst auf dem Motorrad unterwegs bin (als Beifahrerin allerdings). Zusätzlich sind Busfahrpläne schwer zu lesen und online scheint es keine einfach zu navigierende Website zu geben. Einen guten Tipp habe ich dennoch: Viele Busse, die innerhalb von Kathmandu und zwischen den Städten im Kathmandutal verkehren, halten an der Station „Ratna Park“. Von dort fahren beispielsweise Busse nach Bhaktapur ab. „Ratna Park“ ist nicht weit vom Touristenviertel Thamel entfernt. Einfach dort hinlaufen, den Fahrern fragend den gewünschten Zielort zurufen – und bestimmt werden sie Dir den Weg zum richtigen Bus weisen können.
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Über das Busfahren in Nepal habe ich auch in meiner Kolumne für reisen Exclusiv geschrieben.
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Sehr schöner Artikel! Und eine gute Botschaft. Warten kann wirklich einen Wert haben. Jeden Morgen, wenn auf der U-Bahn-Treppe die Leute wie eine aufgescheuchte Gnu-Herde an mir vorbei hechten, weil sie die Anschlussbahn oben einfahren hören, dann frag ich mich, was die treibt. Das Glücksgefühl, den scheiß Bürotag 3 Min früher beginnen zu können? Wartephobie? Über den Wert von Langsamkeit, Warten und sich langweilen wollte ich auch schonmal bloggen. Hab nru noch keinen halbwegs relevanten AUfhänger gefunden.
Vielen Dank! Vielleicht sind die auch einfach chronisch unpünktlich und haben Chefs, die da keinen Spaß mehr verstehen. Ich habe, gerade beim Warten auf die Bahn, auch manchmal „Warte-Phobie“ (dann aber auch schon hinterher den Kopf geschüttelt). Ich weiß nicht genau, warum das so schwer ist. Man denkt eben, man muss immer in Bewegung sein, immer funktionieren (oder im Großen: sich immer folgerichtig weiterentwickeln).
Oh, was für ein toller Artikel! Ich kann mich noch genau an eine Situation auf der letzten Reise nach Nepal erinnern, wo das mit meiner Geduld selbst nicht so ganz klappen wollte! Auf beiden Reisen vorher war es nie ein Problem, aber jetzt wurde ich so unruhig, als wir mit dem Bus zurück aus Pokhara kamen und wieder einmal Ewigkeiten nach dem Highway an der Stadtgrenze zu Kathmandu im fiesen Staub gewartet haben. Da habe ich mich selbst noch einmal ganz anders kennengelernt! Im Nachhinein muss ich auch immer an den Satz denken, den mit mein Nepali-Gastbruder am Anfang immer… Read more »
Liebe Anna,
danke für Deinen Kommentar! Ja, am Ende kommt man ja mit der Unruhe auch nicht weit, jedenfalls nicht in Nepal. Ich halte das auch für eine gute Idee, die Gelassenheit mit heimzunehmen. Liebe Grüße zurück!
WUnderschön geschrieben. Auch ich habe das Warten auf Reisen gelernt, in Kenia. Ich hatte dann lange grundsätzlich immer ein Buch dabei. Jetzt hab ich ein Kind…! :) Und ich freue mich manchmal sogar, wenn ich wieder irgendwo warten darf.
Hallo Laura, vielen Dank! Huch, der Sprung vom Buch zum Kind ist plötzlich, Du bist dann vermutlich ausgewandert?
Das Warten an sich, ist für mich nicht das Problem. Ich weiß mich zu beschäftigen und kann auch meditieren. Für mich ist es schwierig, nicht zu wissen, warum ich warten soll. Vor allem dann, wenn die technischen Voraussetzungen, es zu wissen, eigentlich vorhanden sind (z. B. fehlende Durchsage auf dem Bahnhof, warum ein Zug nicht kommt).
Ansonsten schöner Artikel, über deren Aussagen es sich lohnt, nachzudenken .