Zuletzt aktualisiert am 2. Juni 2021 um 5:32
(Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de)
Ganz egal, ob allein oder nicht: Wenn eines für mich überhaupt nicht infrage kommt, dann ist es Urlaub zu haben und ihn zu Hause zu verbringen.
Was mich immer wieder in die Welt hinauszieht? Warum ich heute angstfrei auch allein auf Reisen gehe? Erfahrungen, die ich so nur fernab der Heimat gemacht habe. Darunter die folgenden.
Im Hier und Jetzt ankommen
„Man ist auf Reisen ausgeschnitten aus dem normalen Leben. Wie ein Scherenschnitt“, hat Katja Weitzenböck gesagt. Als Volontärin bei einer Programmzeitschrift habe ich die Schauspielerin, die schon viel in der Welt unterwegs war, mal interviewt und auf das Reisen angesprochen. Das mit dem Scherenschnitt gefiel mir. „Man beschäftigt sich in einer fremden Umgebung nicht ständig mit Alltagssorgen, die den Moment gar nicht betreffen“, hat sie erklärt. Und dass sie das Reisen als regelrecht heilsam empfindet.
Für mich gilt das nicht ausnahmslos – man nimmt sich selbst, seine Vergangenheit, ja doch immer mit. Dennoch bin auch ich anderswo empfänglicher. Eher bereit, Augen, Ohren und Herz sperrangelweit zu öffnen. Für alles, was neu und anders ist. Und für den Moment.
Freundschafen schließen. In Rekordzeit.
Offener bin ich auch gegenüber den Menschen, die mir begegnen. Es fasziniert mich, wie leicht man unterwegs Leute kennen lernt. Wirklich kennen lernt. In Rekordzeit können aus Reisebekanntschaften bedeutsame Freunde werden.
Eine der frühesten und schönsten Erinnerungen dieser Art ist mein 23. Geburtstag: Mein Auslandssemester in England hatte gerade begonnen, ich verbrachte ihn spontan mit zwei Franzosen, zwei Holländerinnen und anderen Deutschen, die ich kaum kannte. Am Morgen hatte der Geldautomat nichts mehr ausgespuckt. Ich war pleite, nicht mal ein Bier konnte ich ausgeben. Musste ich auch nicht. Die anderen versorgten mich mit mehr als genug Getränken. Alain aus Paris schenkte mir eine Flasche sauteuren Champagner, die er aus Frankreich mitgenommen hatte, „für einen ganz besonderen Moment“, wie er sagte.
Da war so viel Herzlichkeit an diesem Abend in dieser Kneipe. Wir sind über Jahre in Kontakt geblieben, sind es teilweise bis heute.
Action. Ohne Ausreden.
Wer reist, will seine Zeit meist nutzen, so gut es geht. Womöglich ist er nur einmal im Leben an diesem einen Ort, also lässt er sich ein auf das, was die fremde Umgebung zu bieten hat: auf Ausflüge, Unternehmungen, Verabredungen.
Zeit bekommt eine andere Bedeutung. Die Frage, ob sich Aufwand überhaupt lohnt, stellt sich nicht. Es werden keine Ausreden bemüht, es wird einfach gemacht.
Zu Hause, im Alltag gelingt das oft nicht. Und scheinbar umso weniger, je älter man wird. Spontane Treffen mit Freunden sind Mangelware. Gemeinsame Pläne auch. Jeder hat mit sich zu tun. Keine Lust. Heute nicht. Der Termin mit der Frau von der Bank. Der Wecker morgen früh um sechs. Und was für eine Herausforderung es geworden ist, sechs Leute für ein Essen an einen Tisch zu bekommen – nicht drin ohne Terminkalender und wochenlanges Abwägen. Aber das holen wir nach, versprochen!
Lernen. Über die Welt. Und über mich.
Wer etwas über diese Welt lernen will, kann sich belesen. Oder sie bereisen. Dinge, die man selbst erlebt hat, wecken nachhaltiger Interesse. Dass Bali die einzige hinduistische Insel im ansonsten muslimischen Indonesien ist, wusste ich. Aber erst jetzt, da ich die vielen Tempel gesehen habe, die unzähligen Opfergaben, weiß ich, wie beeindruckend allgegenwärtig Religion auf der Insel ist.
Auch das hier wird mich nie mehr loslassen: Im Zentrum von Vancouver – eine Stadt, die seit Jahren als eine der lebenswertesten der Welt gilt – befindet sich einer der größten Drogen-Slums Nordamerikas. In der East Hastings Street ist die HIV-Rate höher als in Botswana. Warum ich das weiß? Weil ich versehentlich zwei Tage mittendrin gewohnt habe.
Unbezahlbar ist, was man zudem über sich selbst lernt. Und wenn man dafür erst beim Bodysurfen in Mexiko versagen muss. Oder ausgelacht von einem balinesischen Hotelangestellten.
Allein reisen, Selbstvertrauen gewinnen
Jeder Urlaub im Ausland kann zur Herausforderung werden, besonders, wenn man allein reist. Man muss klarkommen in einer fremden Umgebung, sich zurechtfinden, in einer anderen Sprache kommunizieren und allerhand Dinge organisieren, die zu Hause anders laufen.
Und bekommt am Ende alles hin. Natürlich. Je öfter ich diese Erfahrung mache, desto weniger Angst habe ich vor Veränderungen und vorm Scheitern. Und desto stärker und optimistischer werde ich.
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Wie ist es bei dir? Was bringt dir das Reisen? Inwiefern verändert es dich? Lass es mich wissen in den Kommentaren!